Auf unserer Webseite werden wir von nun an regelmäßig Artikel veröffentlichen, die das Schreiben wissenschaftlicher Texte betreffen oder sich mit dem Schreiben und Kommunikation in Schule und Studium generell auseinandersetzen. Hierzu werden wir unsere Erfahrungen aus dem Schulalltag als Lehrer und unsere Erfahrungen als Lektoren mit euch teilen. Viel Spaß beim Lesen des ersten SCRIBENDO-Blogs!
Denkt man an Wissenschaft, dann fällt einem beinahe sofort und unbewusst der Forscher im weißen Gewand ein, der mit rauchenden Reagenzgläsern routiniert hantiert. Auch gerade dieses Bild im Kopf?
Die Wissenschaft wäre aber nicht existenzfähig, wenn Erkenntnisse, Ideen, Theorien oder Studien nicht kommuniziert würden. Wenn die Welt nicht erführe, welch bahnbrechende Idee, welch neue Theorie in den Hallen der Wissenschaft "geboren" wurde. Diese Schnittstelle ist Aufgabe der Wissenschaftskommunikation. Diese beschränkt sich zwar nicht nur auf das Schreiben wissenschaftlicher Texte, in diesem Beitrag soll es aber ausschließlich darum gehen.
Die Kommunikation in Wissenschaftstexten folgt sprachlich spezifischen Mustern und Gepflogenheiten, die je nach Fachbereich und vor allem Kulturkreis, in welchem der Text entsteht, recht unterschiedlich sein können. Die deutschsprachige Wissenschaftskommunikation folgt - zumindest in der Theorie - gerne den Zielen der sprachlichen Ökonomie (Knappheit), der Prägnanz (Klarheit), der Relevanz und der Neuheit. In der Praxis zeichnen sich Texte gerade in den Geisteswissenschaften nur selten durch Sprachökonomie und Prägnanz aus und solange man keine Dissertation schreibt, ist nicht einmal die Neuheit als Beurteilungskriterium von Relevanz.
Was diese Texte trotzdem neben ihrem wissenschaftlichen Erkenntnisstreben wertvoll macht, ist aus meiner Sicht die Sprache selbst: Wissenschaftliche Texte laufen nach konkreten Sprachmustern ab, die an bestimmte Phrasen und Ausdrücke gekoppelt sind. Will man die Ergebnisse bereits vorliegender Studien darstellen, so gibt es nur eine sehr begrenzte Anzahl möglicher Wendungen, um auf diese Studie Bezug zu nehmen. Das erscheint auf den ersten Blick vielleicht langweilig, hat aber den Zweck, die Kommunikation so zu präzisieren, dass man sich auf das eigentlich Wichtige, nämlich auf die wissenschaftliche Erkenntnis konzentrieren kann.
Warum schreiben wir von SCRIBENDO nun darüber?
Viele der von uns lektorierten Texte haben das Problem, dass sowohl Schüler als auch Studierende immer wieder versuchen, typische Muster der Wissenschaftskommunikation zu kopieren und für das eigene Schreiben zu nutzen. Das ist grundsätzlich absolut wünschenswert, aufgrund fehlender Erfahrung und Kompetenz passieren dabei häufig aber stilistische, grammatische und vor allem pragmatische Fehler. Es gibt zahlreiche sogenannte "Kollokationen", also fest miteinander auftretende Gefüge von Wörtern, die bestimmten sprachlichen Zwecken dienen. Diese Wortgefüge, vereinfacht könnt ihr auch Phrasen sagen (wenngleich das etwas ungenau ist), kann man sehr gut lernen und nach Kategorien unterteilen, je nach dem zu verfolgenden Zweck. Dadurch kann man sich innerhalb kürzester Zeit Grundkompetenzen im wissenschaftlichen Schreiben aneignen, wodurch der eigene Text bereits mit wenigen Tricks deutlich aufgewertet werden kann.
Ein paar einfach umzusetzende Tipps, die ihr gut für eure VWA, MA-Arbeit oder andere Texte nutzen könnt, gibt`s hier:
1) Versucht Verben zu Nominalisieren und auf Basis der Nominalisierung umzuformen: Anstatt "man kann das leicht missverstehen" schreibt einfach "ein falsches Verständnis davon ist sehr wahrscheinlich". Klingt besser, oder?
2) Versucht zu passivieren. Schreibt nicht "Ich analysiere nun ...", sondern schreibt "Nun wird analysiert".... Klingt auch besser, oder?
3) Kombiniert die Passivierung mit Modalverben, z.B: "Nun SOLL gezeigt werden". Dadurch impliziert er, dass der Versuch (etwas zu zeigen) eventuell auch nicht funktioniert, auch das ist ein Teil der Wissenschaft
4) Versucht Wortwiederholungen und Phrasenwiederholungen zu vermeiden: Anstatt "XY zufolge" mehrmals hintereinander zu verwenden, kann man auch "Laut XY", "der Argumentation XY folgend", "Wie auch XY argumentiert/schlussfolgert..." oder ähnliche Varianten verwenden.
Wichtige Grundregel beim Verfassen vorwissenschaftlicher und wissenschaftlicher Texte: Ihr müsst nicht kreativ sein, sondern sollt auf die zahlreichen bereits bestehnden Sprachmuster zurückgreifen, diese aber stilsicher und angemessen einsetzen. Das ist deshalb kein Nachmachen, kein Kopieren und schon gar kein Plagiieren, sondern schlichtweg ein ganz normaler Teil wissenschaftlicher Textkompetenz, aus meiner Sicht sogar einer der absolut wichtigsten.
Im nächsten Beitrag gibt`s weitere Tipps zum wissenschaftlichen Schreiben und es soll der Frage nachgegangen werden, was und in welchem Ausmaß bei einer VWA, Bachelor- oder Masterarbeit man wirklich zitieren soll.
Bis dahin, Alles Gute!
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